Gedichte

 

1. [facebook, 14.03.2018]

Ich hatte schon fast ein schlechtes gewissen weil ich noch nicht Unten war
noch rein noch raus
aus mir der allerweltesten gewesen
wobei es nur ein freiraumkonzept in einem stadtteil gewesen ist
aus dem die nachbarschaft sich freiräumt
freiräumen will

ja nicht einmal frei träumen

vermag.

Nachbar
will ein mal nahbar
kompatibel sein…
aus meinen Wünschen
was er mag, was er will, geht nur an mir vorbei

was erde ich sein
wasser rede ich ein
den daumen in die erde stecken
und zu einem halm
gebunden
im stadtraum verwehen

gelbraun 

 

2. [facebook, 14.04.2018]

Was hat dein Körper heut für dich getan?

Du hast ihn gewaschen, vielleicht auch nicht,

das Licht gelöscht im Zimmer, den Schalter umgekippt, vielleicht gedimmt mit der Fernbedienung.

Oder die gesamte Nacht gebrannt.

Dein Körper vielleicht ist fernbestimmt.
So ganz aus einer Ferne zurechtgetrimmt.

Fernbestimmt, so dass noch nicht einmal aus der Ferne ein Licht ihn trimmt. Immer wieder
Verstand und Gefühl auseinander stimmt.

Verknüpfung entstand nicht aus Entspannung. Verknüpfungen entbrannt. Wer sponn diese?
Vielleicht willst du sie selber aus deinem Hirn mit Garn verweben um die Laternen im Stadtraum
Dir ein Nest bauen.

Im Inneren ein schwarzes Loch. Unsacht gestopft und ausgepolstert.

 

3. [facebook, 14.03.2018]

wimpernschlagen ist selbstbestimmung
ist selbsterhalt
wenn zwischen den schließenden lidern
die fliege schallt

däudelt summt
und du dir vorstellst
es sei dein schmetterling

deine trüben großstadtaugen
rötenreitzenringeln
nur scheinen tun sie nicht
aus deinen augen spricht ein licht
die fliege im kreise es aussticht

 

4. [facebook, 17.10.2017]

die automatiktüren öffneten sich heute
als ich schnellen schrittes das gebäude verließ
rannte, sprintete – die betreuerin kam nicht hinterher.

die elektrischen türen öffneten sich
nicht wie im winter, wo sie mich nicht mehr wahrnahmen.
man rannte mir nach
ich rannte mir – immer wieder aus den fingern.

gerne groß
im leben ist schon was los

hauptsache die türen sind es die dich erkennen und sich öffnen.

 

5. [facebook, 05.10.2017]

delieren wachsen
auf dem balkon

mysantrophien in einem umgenutzen quarkbecher auf watte
das bett immer feuchtgehalten

anorexien züchten sich selbst
züngeln sich ihre wurzeln entlang
in erden
anspruchslos
setzen sich überall fest

strecken
fühler triebkräfte und lockern

blüten knospen werden weich,
öffnen sich – langsam, zu langsam
so dass augen ihren glanz ganz annehmen
und gebannt ihnen zusehen.

Wann wird der kelch sich ganz vorzeigen.
Dreht sie sich um in das licht
Ein nachtschattengewächs ist sie nicht

keine von den genannten pflanzen

sie brauchen helles tageslicht
balkon auf der westseite ist ideal,
zum süden hin bleichen sie ihre farben aus, ihre wirkkraft,
dann peppeln wir sie wieder auf,
setzen sie um
düngen sie mit dem guten zu reden.

Reden mit deinen schätzen.
Umbeeten
saatguttauschen auf börsen.

Manch einem nachbar fielen die pflanzen direkt auf den kopf
das sticht, sticht, sticht.

Ohne Ende. Bringt sie wieder hinauf,
Bruchstücke bleiben vor dem Haus,
sie treiben von alleine aus.

Sehr bald ist die Stadt von Ihnen
den Mysantropo, den Ano und den Delieren-
Saatgut hält sich in den Rillen der Sohlen fest,

anspruchslos in der Wahl des Untergrundes treiben sie aus.
Sehen aufgeblüht prächtig aus.

Irgendwann schneidest du sie ab,
umwickelst sie mit einem band.

Trocknen und aufhängen
pressen und ein poesiealbum kleben.
Dem nächsten verschenken.

Einfach mal pusteblume spielen

zur abwechslung kann man ja auch – gleich draußen
im nicht fernen stadtpark. Auch schon vorm haus zwischen hauskante und gehsteig
zeigen sich welche
hartnäckig mit ihren flockenköpfen.
Es ist nicht weit.
Doch die Gewohnheit sie bleibt und
wird auch mal trend.

In jeder Stube will man sie haben
wässern. stutzen, sie haben ja einen nutzen

was zum drauf stolz sein
die habe ich groß gezogen
verschönern die weißkahlen ecken im raum
sorgen für lebensraum
und immer interessant anzuschauen.

nur nicht zu oft auf den balkon

da könnte sie der neid im blick der anderen klauen

– oder der wind forttragen
einem passanten auf den kopf, vor die füße hauen.

aufgehoben und hochgebracht werden sie immer.
direkt hinein ins kinderzimmer

 

6. [facebook, 04.03.2016]

wenn alle wege nach rom führen
spare ich wege lieber als welche zu gehen
durch den stadtpark
eingang ein, eingang aus
pilgere ich
tageintagaus
der auslauf braucht mich

hofspaziergang
zierdengang – der weidenruten entlang
der jugend ihre eckbank
an der sich der trinker betrank
an den hundekottönnchen vorbei
am in die architektur eingepferchten hort
neben einem wohnheim für ex-junkies

kunsträume gegenüber
keine bunten
subkulturen
stets auf rollen

alleewege führen im karree
direkt durch die charitee
wenn ich daheim durch plagwitz gehe
für jedermann
im sonnenstand
führt der letzte weg nach rom
nachhause kommend –
liegen.
Auch ein fliegen
im heut zu tage

wohlstand.

Lyrik#4PS