Gedichte
06. Februar 2015 / 22:56 Uhr
Etikette
Meine abgetrennten Finger wurden mir in die Hand gelegt
Mit dem Strahl des Blutes schreibe ich nun meine Verse
Auch wenn sie, die Mitmenschen, mich nun dafür meiden
Zitiere ich, Rida, dennoch meine nach Blut riechenden Verse
7. Februar 2015 / 09:01 Uhr
Verwelkte Blumen
Wirf die verwelkten Blumen nicht aus dem Haus
Es waren Gefühle verbunden mit ihm, dem Straus
Trenne dich nach der Verabredung auf diesen Straßen
Wie jede Liebesnacht in den Genuss von Trennung kommt
So lautlos, ach Rida, werde ich unseren Menschen berichten
Wie naiv wir waren – doch verrückt waren wir mitnichten
03. September 2015 / 00:19 Uhr
Schlagfertigkeit
Meine Schlagfertigkeit hat mir einen schlechten Ruf gebracht
Sie hat in Staunen versetzt, sie hat so viele Sorgen gemacht
Zwar habe ich, ach Rida, jedes Wort geschrieben mit Bedacht
Wer aber weiß, was alles meine Schrift hat zutage gebracht
27. Oktober 2015 / 23:44 Uhr
Fliegende Schmetterlinge
Wo auch immer wir gingen, die Pfade gefielen uns
Wen auch immer wir trafen, die Menschen gefielen uns
Im Garten, die Schmetterlinge in ihren Blüten, sie gefielen uns
Auch noch, als unsere Furcht vor der Rückkehr begann
Sie höhlte uns aus, wie Atem, der im Mund gerann
Ein letztes Luftholen, ach Rida, und wir gefielen dabei allen
01. Mai 2017 / 08:50 Uhr
Jede Leidenschaft enthüllte den Glanz der Geliebten
Die Anmut der Freundin, die Reize ihres Anblicks, ach frag nicht
Mit Träumen gefüllte Streckungen der Augen, ach frag nicht
Wie deutlich saß in jeder Geste das süße Gelächter der Schönheit
Und die Sorgen in den Gesichtern blühender Rosen, ach frag nicht
Es wurden die Augenlider mir so schwer
Die Tiefen der Träume dahinter, ach frag nicht
Jede Leidenschaft enthüllte den Glanz der Geliebten
Die Gipfel der Reinheit, ihre Pracht, ach frag nicht
Warum aber wurde ich nach dem Sturz am Basar gedemütigt?
Was offenbarte ich in meinen Gedichten, ach frag nicht
So bildeten sich auf meinen Wangen einige Falten
Nach den Vermessenheiten der tiefen Meere, ach frag nicht
Auf ihrem Gesicht waren solche Kapitel der Scham
Schriebe ich sie nieder, ach, welch ein Wagemut, frag nicht
Ich habe heute Abend, oh Rida, eine Geschichte geschrieben
Und werde berühmt – nach den Verhältnissen aber frag nicht
13. April 2018 / 11:35 Uhr
Als hätte der Tau verbracht seine Nacht auf dem Mond
Waren es die Augen, oder die gereckten Gardinen aus Glas
Großartig war es, stürmisch wurde ich in ihrem Blick
Als hätte der Tau verbracht seine Nacht auf dem Mond
Großartig war es, der sich regende Schweiß auf den Wangen
Meine Brust flatterte vor den Bewegungen der Lippen
Großartig war es, zwischen Blättern erblühten Rosen
In unserem Rausch, Liebste, wir lösten uns in dir auf
Großartig war es, ob deine Jugend oder eine Ghasele
Ob irgendeines Mörders Pfeil oder eine Reckung
Großartig war es, wie das Meer in die Brust regnete
Tayyaba Tareen, Dichtername Rida, wurde 1967 in Karachi (Pakistan) geboren. Sie studierte für zwei Jahre Wirtschaft, Islamwissenschaften und ‚Advanced Urdu’. Parallel arbeitete sie in der Verwaltung einer politischen Partei. Als sie dort aufhörte, wurden sie und ihr Mann verfolgt und mussten Pakistan verlassen. 1995 kamen sie mit ihren zwei Kindern nach Deutschland. Seitdem leben sie in Geithain. In Deutschland bekam das Paar zwei weitere Kinder. 2001 wurde ihnen der Flüchtlingsstatus aberkannt. Das bedeutet, sie haben seitdem lediglich eine Kettenduldung und müssen mit gewissen Einschränkungen leben, wie einer Residenzpflicht. Im September 2014 begann sie Gedichte zu schreiben. Seit Sommer 2017 ist sie in der Frauengruppe Bon Courage Borna aktiv.