Seabees
Naval Base, Ventura County, California
Annual Ceremony of Seabee Days, 2008
Die Pressemappe lag vor mir und zeigte eine mutig düster entschlossene Biene, die mit ihren hinteren Beinen Werkzeuge hielt, während die vorderen Beine wie Arme ein Zwischending aus Presslufthammer und Schnellfeuergewehr umklammerten, das sie wie ein MG in Aktion vor sich hielten. Es war unpassend, dass sie für einen Moment an Hammer und Sichel dachte. „Mulberry A“ und „Mulberry B“ hatte der Veteran gesagt. A hatte ein schwerer Sturm zerstört. Sie hatten am 7. Juni 1944 angefangen, Entladehäfen zu bauen. „Overlord“ oder „oh my Lord“ - sie hatte das Wort nicht genau verstanden, der Wind hatte Silben weggetrieben. Als der Veteran sagte, „We build. We fight“, hob sich seine Stimme. Diese düster entschlossene Biene hatte auch etwas Kindisches an sich, als gehöre sie zur Panzerknackerbande aus vergangenen Comic-Heften oder als sei sie ein neues Spielzeug beim Happy Meal von McDonald`s. Naval Construction Battalion – Motto: Construimus, Batuimus (We Build, We Fight). John W. hatte erklärt, er kämpfe nicht. Die Seabees bauen auf, sagte er, die Seabees helfen. Die Lastwagen mit den aufmontierten Waffen begannen auf dem weiten betonierten Feld vor den Gästen Ehrenrunden zu drehen. Wie schwergewichtige Ballerinen verschwanden sie aus dem Blickfeld. John W. sagte, ich bin keiner, der feuert, ich habe hier die Logistik geregelt – und er zeigte auf einen Lastwagen mit einem ungewöhnlichen Aufbau – „ich bestelle die Elektronik und sehe zu, dass sie funktioniert“. John W. war nicht zur Navy gegangen, weil er studieren wollte. In seiner Familie gingen die Männer seit Generationen zur Armee, er ging zur Navy. Die Hornisse war unter das Zeltdach zurückgekehrt. John W. hatte die Mütze aufgesetzt. Er hatte sich erhoben. Die Bügelfalte seiner Uniformhose saß makellos. Die anderen Soldaten auf der Tribüne hatten sich ebenfalls erhoben. Die Reihen abwärts standen sie in ihren Hosen mit diesen akkuraten Bügelfalten, dicht an dicht. Auch ich stand jetzt. Meine knittrige Leinenhose bauschte sich ein wenig. Das Karussell begann sich zu drehen. John W. war so weiß wie die Kornfelder von Ohio, und er sprach so, als gälte es eine Distanz zu überwinden; als müsse er sich an einen Punkt weit in der Ferne richten. Er sprach mit der Stimmgewalt von fünfzig Männern. Ich verließ die Tribüne. Auf dem Weg zum Empfang für die Offiziere passierten wir das „Aquarium“. Hier schwammen Taucher mit gelben Helmen und tippten mit ihren Fingern den Kindern an die Schulter, die vor der Glasscheibe standen und sie wie Fische bestaunten. Ich hatte ein Weinglas in der Hand und sprach mit den Offizieren und Kommandeuren. Ihre Bügelfalten blieben makellos, und auf den Uniform-Jacken schien der schwarzschwere, mit Sahne bestrichene Kuchen keine Krümel oder Flecken zu hinterlassen. Ihre Gesichter waren glattrasiert und ihr Reden war höflich und gebildet. Sie interessierten sich für Deutschland, allein schon wegen des Falls der Mauer und wegen des umfangreichen Kartenmaterials, das sie einstmals zum Verlauf des Zweiten Weltkriegs studiert hatten. Während ich erneut das Glas hob und etwas antwortete, dachte ich daran, wie mein Führer der kommunistischen Splittergruppe, der ich angehört hatte, gegen die anhaltende Besetzung Deutschlands durch die Amerikaner agitiert und vorgeschlagen hatte, vor einem amerikanischen Soldaten, wenn er einem begegnen sollte, zum Beispiel in der Nähe der Barracks in Frankfurt am Main oder in einem der Clubs der Stadt, auszuspucken. Ja ausspucken, wiederholte er, und wir demonstrierten für die Black Panthers und riefen “Free Free Bobby Seale”. Ich dachte an die Turnschuhe des späteren Außenministers, und eigentlich fühlte ich mich so, als hätte auch ich diese Turnschuhe immer noch an und wäre verkleidet zum Empfang eines Operettenhauses gegangen. Aus der Versammlung heraus würde sich bald einer erheben, ein Tenor, und würde für die Gäste eine Arie aus „Madame Butterfly“ singen. „Madame Butterfly“ nahm Platz auf dem Flugzeugträger, der Kurs auf den Pazifik nahm; Flugzeuge starteten Richtung Pakistan, Afghanistan, Irak. Was wollte John W. in Bahrein, Abu Dhabi, Kairo... John W., der aufbaute und John W., der half.
Eine Biene war über ihren Köpfen in das offene Zeltdach der Tribüne geflogen. Sie hatte Kreise gezogen und ihr Surren war unangenehm. Ich wußte nicht genau, ob ich Bienen und Hornissen voneinander unterscheiden konnte. In den Bienenschwärmen gibt es eine Drohne, die nicht gefüttert werden darf, damit sie ausfliegt und nicht nur da hockt und nichts tut. Wenn John W. für Aufbauen zuständig war, war er vielleicht auch für Nahrung zuständig. Sie fragte John W. nicht, ob es so war. Und seine Catherine Hepburn-Frau, meine Nichte, fragte sie auch nicht. Sie war die schönste anwesende Soldatin.
To His Excellency Xi Jinping
President of the People`s Republic of China
….on behalf of „PEN centre of German speaking writers abroad“ I am writing to you. I am very much concerned about the fate of my journalist-and-writer colleague, the 71 years old Mrs. Gao Yu. I alongside with many of my friends, the PEN and others, condemn her conviction and sentence and call for her immediate and unconditional release. Mrs Gao Yu had nothing else done than following her legitimate professional duties. … Me and my colleagues are worried about her life. We are frightened having heard her voice speaking: „I don`t want to die here“. She still can speak to us, to me. I call on you to release her immediately… We are interested hearing from you.
Prof. Esther Dischereit 8/6/2015