Pega Mund

 

du ich

unterwegs auf der autobahn hatten uns festgeschnallt es ist gewiß du bist nicht ich ein
fremdes
daseyn sieh nur da draußen walzert die landschaft sich zeitgerafft platt die
natur hat ihren reiz nicht verloren unter der himmels wölbung ein see bleiflüssig
strahlend gegen die scheiben donnern vereinzelte kühe die sonne geht unter im
landschaftlichen kein halt der fahrer versteht unsere sprache nicht im programm ist
kein radwechsel vorgesehen auf dem display kein zielvers fixiert die nacht saust herauf
mit lichtern und spiegelungen von sternen ach du schläfst ein ich aber wache voll
kräfte die mir nicht bewusst voll fremden leides fremder lust gnade mir gott wenn in
der brust mir schlummernd deine seele ruhet so lange schon festgeschnallt du ich
unterwegs

 

sammlung : in vitro gespinste verlorene nester filz
cluster fibrinnetze halbmonde von geschnittenen
fingernägeln oder schorf trockene geräusche wie

zaghaftes schaben nackte finger auf leichtem
tuch schadhafte atemzüge der herzlunge pfeifendes
reiben dürr gegen kalt getrommelte risse im fell reisig

frakturen verwachsungen spalten stranghaft ausgebrochene
redundanzen vom zweigenden wundgrund wortlos abgezogenes
granulom aus dem rachen geschnitten papelknospen rosen

bänder salzkränze rotgebetete flimmerfragen
gitterstaben verlegtes stammeln die corona aus asche
versprochne fragmente schweigen getönt schwarz, blau


Anmerkung: Der Text ist entstanden in Zusammenhang mit dem Sterbeprozess eines 8-jährigen Mädchens auf der Intensivstation. Ich habe die aus Tansania stammende Familie des Kindes begleitet.

 

                                                     mein Textkörper und ich

schwimmen durch die Nacht ins Licht ins
Einkaufszentrum helle Neonhölle Magie Magnet
shopping mall mein Textkörper zieht mich zur
Fleischtheke ordert zwei feuchtrote Rinderfilets
fleischwasservitale Fressdinger durch und durch rough
ich entferne mich lege beim Süßigkeitenregal eine
Schachtel feinste Katzenzungen in den Wagen stelle
mir vor wie ich mir später eine nach der anderen in
den Mund schieben werde um in den flow zu kommen an
der Kasse wartet mein Textkörper aus den Mundwinkeln
tropft ihm der Fleischsaft mein txt.krpr hat die
Rinderfilets in der Pfandflaschenrückgabenische
gefressen ich bezahle die Zungen mein txt.k rülpst
berauscht vom eben verschlungenen Frischfleisch
draußen ist es stockdunkel mein T. und ich schwimmen
schweigend nach Hause wir sind uns gewogen eine
Schreibgruppe waren wir nie

 

                                                      mein Textkörper ist

untragbar er pfeift mir in die Ohren bevor ich noch
wach bin springt mir auf den Rücken beim Frühstück
zerkaut er die Zeitung leckt den Graphit aus meinen
Stiften frisst die Schreibfedern kotzt aus die Kiele
fängt Streit an mit jedem leeren Blatt mein fucking
Textkörper scheißt auf alles was weiß ist macht sich
breit lang dick auf dem Papier rotzt krakelt torkelt
linksrechts linksrechts begrapscht er bewixxt er die
jungfräulichen Zeilen von hinten ist mein txt.krpr ein
Fink oder Stink ist ein ranziges Fischvieh ungehobelt
im Restaurant ejakuliert sämige Ketchupgedichte aufs
Tafeltuch blutet Rotweinprosa aus der Nase zieht er
Senfsamendramen ich weiß nicht mehr weiter bald
bin ich am Ende still mein [*.txt] steckt mir im Kopf ist
eine tolle Kirsche ein güldenes Aneurysma in meiner
grauen Substanz das platzt auf den Punkt
hermetisches Glück

Lyrik#3PS